FSP 5: Forschungsprojekte
Was wissen Eliten über Geld?
Laufzeit: 2022/23
Im Rahmen der zweisemestriger Forschungswerkstatt „Was wissen Eliten über Geld?“ des Forschungsschwerpunkts Wirtschaftssoziologie haben Masterstudierende des Instituts für Soziologie eine quantitative Befragung unter steierischen Entscheidungsträgern in Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Sozialpartnern durchgeführt. Im ersten Semester wurde der aktuelle Forschungsstand zur Geld- und Elitensoziologie sowie zur sozialwissenschaftlichen Technokratie-Forschung erarbeitet und ein standardisierter Fragebogen entwickelt, der auf Basis kognitiver Interviews und eines Pretests validiert und verbessert werden konnte. Im zweiten Semester wurde die Stichprobe (bewusste Auswahl) zusammengetragen und die Datenerhebung abgeschlossen (Onlinebefragung). Auch konnte die Wirtschaftskammer Steiermark als Kooperationspartner gewonnen werden. Die ungewöhnlich hohen Rücklaufquoten in allen Teilpopulationen können auf den thematischen Fokus der Befragung (u.a. „Zukunft des Bargelds“ und „aktuelle Inflationsursachen“) zurückgeführt werden.
Payment Methods in Motion. Eine Mixed Methods-Untersuchung zur sozialen Einbettung barer und unbaren Zahlungsmethoden
Fördergeber: FWF
Laufzeit: April 2023 bis März 2026
Projektteam: Klaus Kraemer (Leitung), Nico Tackner (Wiss. Mitarbeiter), Jakob Gasser, Luka Jakelja
Projektbeschreibung: In den letzten Jahren ist in den meisten Ländern der Europäischen Union ein rascher Wandel des alltäglichen Zahlungsverhaltens zu beobachten. Bargeld wird mehr und mehr durch unbare, „digitale“ Zahlungsmethoden (Debit- und Kreditkarten, Bezahlapps) verdrängt. Hingegen ist in Österreich bislang kein vergleichbarer Rückgang von Bargeld als alltäglichem Zahlungsmittel zu beobachten. Im Unterschied zu weniger entwickelten europäischen Ländern kann die weiterhin hohe Verbreitung von Bargeldzahlungen – gemessen an Häufigkeit und Volumen – in Österreich jedoch nicht auf eine unzureichende technologische Infrastruktur für digitale Zahlungssysteme zurückgeführt werden. Im Rahmen dieses FWF-Forschungsprojektes soll deswegen aus der Perspektive der Wirtschafts- und Geldsoziologie untersucht werden, wovon die verbreitete Präferenz für Bargeld gegenüber unbaren Zahlungsmethoden abhängt. Um diese Frage empirisch zu erforschen, wird eine qualitative Vorstudie mit Fokusgruppen durchgeführt, auf deren Basis ein standardisierter Fragebogen entwickelt wird. In Kooperation mit dem Institut für Empirische Sozialforschung (IFES, Wien) wird sodann eine repräsentative Primärerhebung (N = 2000) zur alltäglichen sozialen und kulturellen Einbettung barer und unbarer Zahlungsmethoden für die Wohnbevölkerung Österreichs durchgeführt. Die Erhebung fokussiert insbesondere auf drei Untersuchungsdimensionen, um den alltäglichen Umgang der Bevölkerung mit unterschiedlichen Zahlungsmethoden soziologisch zu erforschen. Erstens werden die Einstellungen zu baren und unbaren Zahlungsmethoden erhoben. Zweitens werden die subjektiven Liquiditätserwartungen barer und unbarer Zahlungsmethoden in verschiedenen Zahlungssituationen untersucht. Hierbei geht es um die Erwartungssicherheit, dass bestimmte Zahlungsmethoden auch tatsächlich akzeptiert werden (z.B. Kartenzahlung auf dem Bauernmarkt). Schließlich wird drittens der Einfluss unterschiedlicher institutioneller Zahlungsanlässe (Kauf von Produkten auf Märkten, Teilen oder Spenden von Geld in Gemeinschaften, Aufforderung zur Begleichung einer Geldstrafe oder Steuerschuld) analysiert. Um die sich gegenseitig beeinflussenden Untersuchungsdimensionen (Einstellungen gegenüber unterschiedlichen Zahlungsmethoden, subjektive Liquiditätserwartungen und institutionelle Zahlungsanlässe) und ihre Auswirkung auf die Präferenz von Zahlungsmitteln zu untersuchen, soll ein Strukturgleichungsmodell berechnet werden. Vor diesem Hintergrund erwarten wir substanzielle Forschungsergebnisse zu den sozialen und kulturellen Bedingungen des Wandels alltäglicher Zahlungspraktiken. Zugleich erhoffen wir uns weiterführende soziologische Erkenntnisse über die sozialen Grundlagen moderner Geldordnungen.
Soziale Einbettung als konstitutives Moment des Markteintritts und der Marktetablierung im Consulting-Geschäft. Eine wirtschaftssoziologische Analyse
Beginn: April 2022
Dissertationsprojekt von Linda Ahlers-Hirschmann
In der Dissertation wird der Frage nachgegangen, aufgrund welcher soziologisch relevanten Faktoren der Markteintritt und die Marktetablierung von Anbieter:innen im Consulting-Geschäft gelingen bzw. scheitern. Dabei wird das, was als Gelingen respektive Scheitern gilt, durch die Wahrnehmung der Akteur:innen bestimmt.
1) Mit Blick auf die Marktsphäre ist das Zusammenkommen von neuen Consulting-Anbieter:innen und Nachfrager:innen angesichts von Unsicherheit zu untersuchen. Damit steht das wirtschaftssoziologische Kooperationsproblem im Fokus.
2) Die für Dienstleistungen konstitutive Ko-Produktion zwischen Anbieter:innen und Nachfrager:innen bei der Durchführung eines Consulting-Projekts wird betrachtet. Intention ist herauszufinden, inwiefern die auf organisationaler Ebene stattfindende Interaktion Rückkopplungseffekte auf das Marktgeschehen aufweist.
3) Es gilt zu eruieren, welche im Consulting-Unternehmen wirksamen organisationssoziologischen Aspekte Implikationen für den Erfolg bzw. Misserfolg im Zuge des Markteintritts und der Marktetablierung haben. Die Organisation und Markt verbindende Betrachtung in Block zwei sowie drei adressiert eine Forschungslücke der Wirtschaftssoziologie, die sich bisher auf die Betrachtung von Markthandeln beschränkt hat.
4) Ein weiteres Desiderat der Wirtschaftssoziologie besteht darin, dass ausschließlich Marktgeschehen in wirtschaftlich stabilen Zeiten erforscht wird. Um dem zu begegnen, findet eine kontrastierende Beleuchtung der Zukunftserwartungen statt, die beauftragende Unternehmen mit gesunder Geschäftsentwicklung bzw. in der Krise bei der Entscheidung für Consulting haben. Außerdem werden Beratungszweige herangezogen, die auf Unternehmen im formalen Modus (IT-Consulting, etc.) oder im materialen Modus (Sanierungsberatung, etc.) spezialisiert sind bzw. unabhängig von diesen Modi operieren (Steuerberatung, etc.).
Wert- und Preisbildungsprozesse von Sammelobjekten im Spannungsverhältnis von Vergemeinschaftung und Vermarktlichung Eine wirtschaftssoziologische Untersuchung des Sammelkartenspiels "Magic the Gathering"
Laufzeit: 2021-2025
Dissertationsprojekt von Jakob Gasser
In den letzten Jahren lässt sich eine zunehmende Popularität des Sammelns beobachten. Rund um Sammelgegenstände formieren sich Gemeinschaften die diese, im physischen wie digitalen Raum, anordnen, beurteilen, überprüfen, tauschen, kaufen. Das Dissertationsprojekt beschäftigt sich mit den sozialen Bedingungen der Wert- und Preisbildung am Sekundärmarkt des Sammelkartenspiels Magic the Gathering. Basierend auf einem qualitativen Methodendesign, sollen Einblicke in die Bedeutungs- und Sinnebene der unterschiedlichen Akteursgruppen und deren Praktiken gewonnen werden.
Apollo – Business Decision Excellence für selbstlernende Unternehmen
Fördergeber: FFG
Laufzeit: 2022–2024
Projektteam: Klaus Kraemer (Leitung); Nico Tackner (Wiss. Mitarbeiter).
Projektpartner: APOLLO.AI und Research Studio Data Science
Projektbeschreibung: Viele Prozesse in modernen Unternehmen werden bereits über Kennzahlen erfasst und evaluiert. Eine große Ausnahme bilden hier Entscheidungen der Führungsebene. Im Rahmen von Apollo soll deswegen eine Software entwickelt werden, die Entscheidungsprozesse dokumentiert, aber auch KI-gestütztes Feedback zur Optimierung von Unternehmensentscheidungen liefern soll. Das Institut für Soziologie arbeitet im Rahmen des Projektes vor allem an den Fragen: Erstens, welche Konzepte kann die Wirtschaftssoziologie anbieten, die zugleich hilfreich für die Optimierung von Entscheidungsprozessen und operationalisierbar sind? Zweitens, wie können diese auf Basis von Entscheidungsprotokollen quantitativ messbar gemacht werden? Drittens, welche methodologischen Probleme müssen hierbei beachtet werden? Und schließlich, wie können die erarbeiteten Kennzahlen für die Praxis aufbereitet werden?
Geld und Professionen. Eine soziologische Analyse professionaler Geldeinstellungen
Laufzeit: 2018-present
Dissertationsprojekt von Luka Jakelja
Das Dissertationsprojekt befasst sich mit dem Überschneidungsfeld von Geld und Beruf. Es wird die Frage aufgeworfen, welche Rolle Geld speziell im medizinischen Bereich spielt und wie es den ärztlichen Beruf beeinflusst. Empirisch wird mittels qualitativer Interviews gearbeitet und ein Einblick in die verschiedenen Bedeutungsformen, die Ärzte dem Geld zuschreiben und wie Geld ihr Verständnis von Medizin prägt, gegeben.
Solidaritätsbarometer Steiermark - Verlängerung bis 2023
Fördergeber: Caritas Steiermark
Laufzeit: 2017-2023
Projektleitung Klaus Kraemer und Florian Brugger
Projektbeschreibung: Das Solidaritätsbarometer ist ein seit 2017 ein laufendes quantitativ-empirisches Forschungsprojekt, das von der Caritas Steiermark gefördert wird und kürzlich bis zum Jahr 2023 verlängert worden ist. Im Zuge des Forschungsprojektes werden jährlich zirka 1.000 Bürgerinnen und Bürger des Landes Steiermark telefonisch zu unterschiedlichsten Themenkomplexen befragt. Im Mittelpunkt der jährlichen Befragungen stehen Themenbereiche wie Einsamkeit, gesellschaftlicher Zusammenhalt, Solidarität-Nation-Sozialstaat oder Ehrenamt. Das Forschungsprojekt zielt darauf ab, Persistenz und Wandel solidarischen Handelns im Zeitverlauf zu untersuchen.
WeDecide – Digitalisierung und Operationalisierung von Entscheidungsprozessen
Fördergeber: FFG
Laufzeit: 01.06.2021 – 30.11.2021
Projektleiter: Klaus Kraemer
Projektteam: Wolfgang Mayer (Wiss. Mitarbeiter)
Projektpartner: APOLLO.AI
Projektbeschreibung: In diesem Projekt werden organisationssoziologische Grundlagen von Unternehmensentscheidungen unter Bedingungen von Unsicherheit und Komplexität erarbeitet. Eine systematische Übersichtsarbeit über den Forschungsstand der Organizational Studies soll die Frage klären, inwiefern wirtschaftliche Entscheidungsprozesse durch den Einsatz von Software unterstützt werden können. Welche Rolle kommt ihr im Kontext strategischer Entscheidungen zu, die über das Informationsproblem hinausgehend Bewertungs- bzw. Beurteilungsprobleme umfassen? Wie kann Software die Kommunikation und Umsetzung bereits getroffener Entscheidungen begleiten? Worin liegt ihr Beitrag zur Evaluation und Reflexion des Entscheidungsprozesses und welche sind die Grenzen ihres Einsatzes? Ein auf das Kleinprojekt aufbauendes FFG-Basisprojekt ist in Planung.
Vertrautes Geld? Eine soziologische Untersuchung über Geldwissen, Geldvertrauen und Geldverwendung
Gefördert durch den Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank
Laufzeit: 2016-2019
Projektteam: Klaus Kraemer (Leitung), Luka Jakelja, Florian Brugger, Sebastian Nessel
Projektbeschreibung: Im Kontext von Finanz- und Währungskrisen zeigt sich die Bedeutung von Vertrauen. Vor allem in Zeiten erhöhter Unsicherheit kann die Fragilität des Vertrauens in das Geld und die Geldordnung beobachtet werden. Während Vertrauen als eine elementare soziale „Ressource“ wirtschaftlicher Austauschbeziehungen gesehen wird, sind die Effekte von Vertrauenskrisen auf die Geldverwendung und die Rolle, die Geldwissen- bzw. unterschiedliche Grade von Nicht-Wissen - dabei spielt, bislang aus einer soziologischen Perspektive empirisch nicht erforscht worden. Vor diesem Hintergrund werden in diesem Forschungsprojekt drei Fragen untersucht: Was wissen die Bürgerinnen und Bürger über die Geldordnung (Geldwissen) (1)? Wie wirkt sich das vorhandene Wissen bzw. Nichtwissen auf das Vertrauen/Nichtvertrauen in die Geldordnung aus (Geldvertrauen) (2)? Welchen Einfluss haben das Wissen über (1) und das Vertrauen in Geld (2) auf die Verwendung von Geld (Geldverwendung) (3)? Die Geldverwendung wird nicht nur im Hinblick auf die ökonomischen Geldfunktionen analysiert, sondern um soziologisch relevante Geldverwendungsweisen (Freiheits-, Signalisierungs-, Vergemeinschaftungs- und Steuerungsfunktion) erweitert.
Kraemer, K., L. Jakelja, F. Brugger, S. Nessel (2022), The Social Ambiguity of Money. Empirical Evidence on the Multiple Usability of Money in Social Life. In: Review of Social Economy, Vol. 80. https://doi.org/10.1080/00346764.2022.2076150 OPEN ACCESS
Kraemer, K., L. Jakelja, F. Brugger, S. Nessel (2020), Money Knowledge or Money Myths? Results of a Population Survey on Money and the Monetary Order. In: European Journal of Sociology 61 (2), 219-267. http://dx.doi.org/10.1017/S0003975620000119 OPEN ACCESS
Kraemer, K. (2019), Geld als Institution. Eine Kritik der Vertrauenshypothese. In: Mittelweg 36. Zeitschrift des Hamburger Instituts für Sozialforschung, Jg. 28, Heft 3-4, 50-74. https://www.hamburger-edition.de/zeitschrift-mittelweg-36/alle-zeitschriften-archiv/artikel-detail/d/2510/Perspektiven_der_Geldsoziologie/13/
Arbeitsmarktinklusion von Menschen mit Behinderung. Eine Befragung steirischer Unternehmerinnen und Unternehmer über Erfolgsindikatoren
Gefördert durch das Land Steiermark, Fachabteilung Arbeit und Soziales
Laufzeit: 2018-2019
Projektteam: Klaus Kraemer (Leitung), Luka Jakelja (Wiss. Mitarbeiter), Katja Röhm, Jakob Gasser, Nico Tackner, Julian Flores (Studienassistentin und Studienassistenten)
Projektbeschreibung: Ziel der Untersuchung ist die Identifizierung von Hindernissen und neuen Wegen einer Inklusion von Menschen mit Behinderung in den steirischen Arbeitsmarkt. Die besondere Aufmerksamkeit richtet sich auf die von Unternehmerinnen und Unternehmern steirischer KMUs wahrgenommenen Schwierigkeiten bei der Integration der Zielgruppe in betriebliche Produktions- und Arbeitsabläufe. Was sind die Erfolgsfaktoren unternehmerischer Pioniere bei der Arbeitsmarktintegration von Menschen mit Behinderung? Welchen Einfluss haben rechtlich-institutionelle, branchenbezogene, betrieblich-organisatorische und sozial-individuelle Rahmenbedingungen? Was sind die Vorschläge der zu befragenden Unternehmerinnen und Unternehmer, um die Chancen von Menschen mit Behinderung auf eine nachhaltige Erwerbsinklusion zu verbessern? Welche praktikablen Inklusionsstrategien können aus den empirischen Befunden der Unternehmensbefragung abgeleitet werden?
Zum aktuellen Entwicklungsstand der Verbraucherforschung in Österreich
Fördergeber: Kammer für Arbeiter und Angestellte Wien
Laufzeit: Juni 2016 bis Februar 2017
Leitung: Sebastian Nessel (Universität Graz) und Michael Jonas (IHS Wien)
Projektbeschreibung: Das Projekt greift internationale Entwicklungen der Verbraucherforschung sowie aktuelle Herausforderungen von Politik und Verbraucherorganisationen in Bezug auf Konsum und Konsumfolgen auf. Das Projekt soll dazu beitragen, die Eigenwahrnehmung individueller und kollektiver Akteure der Verbraucherforschung in Österreich zu erheben und zu schärfen, ihr Verständnis für ein gemeinsames Forschungsfeld zu etablieren und Vernetzungsmöglichkeiten zwischen Forschung und Praxis anzuregen. Auf dieser Grundlage sollen die Potentiale einer Etablierung und Institutionalisierung der Verbraucherforschung in Österreich zwischen Wissenschaft, den damit befassten Organisationen (AK, VKI) und der Politik ausgelotet werden. Ziel des Projektes ist es, anhand empirischer Erhebungen einen aktuellen Überblick über den Entwicklungsstand der Verbraucherforschung in Österreich zu erarbeiten, der über (1) die in die Entwicklung des Feldes und die hierin als zentral erachteten Akteure und ihre Wahrnehmung des Feldes Verbraucherforschung in Österreich", (2) über die vorhandenen Forschungsbereiche und Forschungslücken aus Sicht der Politik (Bundesministerien), der Wissenschaft und der an Konsumfragen beteiligten Organisationen (AK, VKI) informiert und (3) über diese dokumentiert Auskunft gibt.
Das europäische Bankensystem - Eine wirtschaftssoziologische Analyse
Dissertationsprojekt von Florian Brugger
Das europäische Bankensystem steckt in einer seiner tiefsten Krisen. Eine Vielzahl an ökonomischen, politikwissenschaftlichen und wirtschaftssoziologischen Arbeiten analysieren einzelne Banken, Teilbereiche des europäischen Bankenwesens und einzelne nationale Bankensystem. Eine wirtschaftssoziologische Analyse des europäischen Bankensystems fehlt bis dato jedoch zur Gänze. In diesem Dissertationsprojekt wird analysiert, inwieweit und wie spezielle Ideen- und Interessenskonstellationen die historische Entwicklung des europäischen Bankensystems beeinflusst haben. Insbesondere stehen dabei die Ideen- und Interessenskonstellationen, die zur Ausbildung des gegenwärtigen Bankensystems und dessen Krisenanfälligkeit geführt hat, im Fokus.
Wein und Fleisch. Eine wirtschaftssoziologische Untersuchung zur Entstehung und Etablierung von Statusmärkten anhand des steirischen Wein- und Fleischmarktes
Laufzeit: 2015-2017
Projektleitung: Klaus Kraemer, Florian Brugger
Masterarbeiten: Luka Jakelja, Anja Möstl, Siegfried Scheicher
Projektbeschreibung: In der neueren wirtschaftssoziologischen Forschung werden „Standard-“ von „Statusmärkten“ (Aspers) bzw. Märkte für gleichartige Massengüter von „Märkten des Einzigartigen“ (Karpik) unterschieden. Orientieren sich Produzenten und Konsumenten auf Standardmärkten mutmaßlich an Preissignalen, so werden Entscheidungen auf Statusmärkten durch sozial konstruierte Qualitätskonventionen beeinflusst. Auf Statusmärkten sind nicht niedrige Preise kaufentscheidend, auch nicht „Informationen“ über die Produkte, sondern „Urteile“ und Statuserwartungen. Typische Statusmärkte sind Weinmärkte, Kunstmärkte, Musikmärkte, Gourmetmärkte, aber auch beispielsweise Märkte für spezielle medizinische, therapeutische, rechtsanwaltliche oder wissenschaftliche Dienstleistungen. In der Forschung ist bislang ungeklärt geblieben, unter welchen Bedingungen Standardmärkte sich in Statusmärkte verwandeln und warum eine solche Transformation für andere Standardmärkte unwahrscheinlich ist. In dem von der Landwirtschaftskammer Steiermark finanziell geförderten Forschungsprojekt wird empirisch untersucht, warum der südsteirische Weinmarkt in den letzten drei Jahrzehnten eine soziale Metamorphose vom Standard- zum Statusmarkt durchlaufen hat, der regionale Fleischmarkt hingegen selbst nach schweren Krisen beständig zu einem Standardmarktregime zurückgekehrt ist. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen sowohl die lokalen Produzenten als auch intermediäre Institutionen und Organisationen.
Geldverwendung von Kindern. Analysen zur Soziologie des Geldes
Projektbeginn: 2014
Projektteam: Klaus Kraemer und Florian Brugger (Leitung), Luka Jakelja, Siegfried Scheicher.
Projektbeschreibung: In der ökonomischen Theorie wird Geld seit jeher als Recheneinheit, als Tausch- und Zahlungsmittel sowie als Wertaufbewahrungsmittel beschrieben. Über eine solche, aus wirtschaftlichen Tauschakten abgeleitete Bestimmung unterschiedlicher „Geldfunktionen“ sind orthodoxe Ansätze bis heute nicht hinausgekommen. Schon die soziologischen Klassiker von Max Weber bis Georg Simmel haben dem Geld eine zentrale Bedeutung bei der Erforschung moderner Gesellschaften zugewiesen. Die Soziologie ist jedoch in weiten Teilen, von Parsons über Habermas bis Luhmann, der ökonomischen Theorie gefolgt, die dem Geld ausschließlich wirtschaftliche Funktionen zuweist. Ausgehend von der theoriegeleiteten Überlegung, dass neben den bekannten „ökonomischen Geldfunktionen“ eine Reihe von „nichtökonomischen“ Verwendungswesen des Geldes (Kraemer 2015) unterschieden werden können, sind im Rahmen einer Forschungswerkstatt für Masterstudierende des Instituts für Soziologie über 320 Volksschulkinder zum alltäglichen Geldgebrauch befragt worden. Die Abteilung „Wissenschaft und Forschung“ des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung unterstützt finanziell die Auswertung der erhobenen Daten und die Publikation der Forschungsergebnisse.
Verbraucherorganisationen und Märkte
Laufzeit: 2011-2014
Durchführung: Sebastian Nessel
Projektbeschreibung: Verbraucherorganisationen (VO) wie die Stiftung Warentest und die Verbraucherzentralen der deutschen Bundesländer sind seit den 1950er Jahren zentraler Bestandteil der institutionellen Architektur von Märkten in Deutschland. Sei den 1980er Jahren haben sich zudem private VO gegründet, um die Interessen von Verbrauchern zu vertreten. Die Neuere Wirtschaftssoziologie hat VO und ihre Effekte auf Märkte bisher nicht zur Kenntnis genommen; anders als beispielsweise die Politik- und Wirtschaftswissenschaften. Drei Fragen standen daher im Mittelpunkt der vorgenommenen wirtschaftssoziologischen Analyse von VO: Welche Strategien wenden ausgewählte VO in Deutschland an? Wie können diese variierenden Strategien erklärt werden? Welche Effekte haben diese Strategien auf Märkte? Um diesen Fragen nachzugehen, wurden detaillierte Fallanalysen ausgewählter VO in Deutschland erarbeitet. In einem fallübergreifenden Vergleich der einzelnen Organisationen wurden ihre Strategien und Handlungsbedingungen dann vergleichend abgebildet. Schließlich wurde ein gegenstandsbezogener Analyse von Märkten entwickelt: Klassische Ansätze der Wirtschaftssoziologie wurden erweitert, indem die Effekte der Strategien von VO auf Marktobjekte, Marktteilnehmerschaft und Marktwettbewerb hin untersucht wurden. Datenbasis der Untersuchung waren 28 qualitative Interviews sowie die Auswertung zahlreicher Dokumente. Als Ergebnis des Projektes wurde eine Konzeption von Märkten unter Einbezug der Nachfrageseite am Beispiel von VO vorgelegt.
Das Forschungsprojekt war Teil der Dissertation von Sebastian Nessel. Es wurde durch eine Forschungsförderung der Universität Graz teilfinanziert. Ergebnisse erscheinen im Herbst 2015 in der Monografie: Sebastian Nessel, Verbraucherorganisationen und Märkte. Eine wirtschaftssoziologische Untersuchung, VS Verlag. Im Rahmen eines Nachfolgeprojektes wird gegenwärtig ein Forschungsvorhaben entwickelt, dass die Effekte von Verbraucherorganisationen auf Konsumentscheidungen und Unternehmensstrategien genauer empirisch (quantitativ und qualitativ) untersucht.
Reihe "Wirtschaft und Gesellschaft"
Bewertung der sozioökonomischen und sozialstrukturellen Verteilungseffekte klimapolitischer Strategien auf der Ebene privater Haushalte
Fördergeber: BMBF
Laufzeit: 2011-2014
Projektteam: Klaus Kraemer (Leitung), Se-Jun Kim, Florian Brugger (Studienassistent)
Projektbeschreibung: Der anthropogene Klimawandel ist eine große Herausforderung des 21. Jahrhunderts. In der internationalen Climate Change-Debatte werden unterschiedliche Strategien diskutiert, um den Klimawandel zu begrenzen (Mitigation) oder sich den erwarteten Veränderungen anzupassen (Adaptation). Neben neuen industriellen Produktionskonzepten und technologischen Innovationen werden veränderte Alltagspraktiken als unverzichtbar angesehen, um ambitionierte Klimaschutzziele nicht zu verfehlen. Dieses Forschungsprojekt untersucht die Frage, inwiefern sich die diversen Instrumente und Maßnahmen des Klimaschutzes auf sozial ungleiche Lebenschancen unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen auswirken. Insbesondere werden die sozioökonomischen und sozialstrukturellen Verteilungseffekte ausgewählter kommunaler klimapolitischer Strategien auf private Haushalte am Beispiel der Städte Frankfurt/M. und München empirisch untersucht. Das Forschungsprojekt ist an der Schnittstelle von Umwelt- und Ungleichheitssoziologie angesiedelt. Im Mittelpunkt stehen folgende Fragestellungen: Welche klimapolitischen Strategien und Instrumente verstärken in Industriegesellschaften sozioökonomische Disparitäten, welche wirken verteilungsneutral und welche reduzieren soziale Ungleichheiten? Wie sind die sozialen Wirkungen einer Dekarbonisierung urbaner Versorgungssysteme unter dem Gesichtspunkt sozialer Gerechtigkeit zu bewerten? Wie können unerwünschte soziale Wirkungen vermieden werden?Inwiefern können (mögliche) negative Verteilungseffekte für private Haushalte in prekären Wohlstandslagen kompensiert werden?
Das Forschungsprojekt ist Teil des Forschungsverbundes KlimaAlltag "Klimawandel und Alltagshandeln: Potenziale, Strategien und Instrumente für CO2-arme Lebensstile in der Null-Emissions-Stadt".
Partner des Forschungskonsortiums: ISOE, Frankfurt / IÖW, Berlin / VZ NRW, Düsseldorf. Praxispartner: Stadt München und Stadt Frankfurt/M.
Soziologie der Finanzmärkte
Fördergeber: Universität Graz
Laufzeit: 2011-2012
Projektteam: Klaus Kraemer (Leitung), Sebastian Nessel